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Auswirkungen der Digitalisierung: Ein „Freizeittempel Innenstadt“ ist keine Lösung

Feb 2021
Nach dem Lockdown kehrt die Realität zurück in die Einkaufsstraßen. Einige Geschäfte werden dann ihre Türen nicht mehr öffnen. Was also ist zu tun gegen die digitale Austrocknung der Innenstadt? Die kurzgefasste Antwort eines Geographen ist, dass wir dann die räumliche Nutzung anpassen müssen. Bei der langen Antwort, der Frage nach dem ‚Wie?‘, wird es schon schwieriger.

Eine oft gehörte These besagt, der Handel habe seine Leitfunktion für die Innenstadt verloren. Was läge also näher, als ihn durch mehr öffentliche Infrastruktur und Aufenthaltsqualität zu ersetzen? Schließen wir also Straßen und geben sie den Fußgängern zurück, schaffen wir mehr öffentliche Plätze, Wasserspiele oder Urban-Gardening-Projekte – alles natürlich mit kostenlosen WLAN-Hotspots.

Aus ungenutzten Läden unterdessen soll „Raum für gemeinnützige Initiativen, vom Repair-Café über Bibliotheken mit Lernorten bis hin zu neuen kulturellen Einrichtungen entstehen“, wie es im neuen Strategiepapier einer umweltfreundlichen Partei heißt. Markus Wotruba, Leiter Standortforschung, BBE Handelsberatung: „Richtig ist, dass wir eine neue Diskussion darüber brauchen, welche Aufgaben unsere Innenstädte erfüllen müssen. Der Ausbau öffentlicher sozialer Räume gehört sicherlich dazu, allein schon, um die Geschäftsviertel wieder attraktiver für Wohnnutzungen zu machen.“ Was die Innenstadt funktional „zusammenhält“ ist aber nicht die Freizeitnutzung – dafür gibt es weit bessere Orte –, sondern der ökonomische Austausch von Waren und Dienstleistungen: der Handel.

Stadtkerne verdichten sich, weil sich dort Berufschancen und Versorgungsmöglichkeiten ergeben, sich vor Ort konzentrieren, und immer mehr Menschen zu sich ziehen. Wotruba: „Die Innenstadt wird daher Ort des Handels bleiben müssen, eine Wahl hat sie nicht. Es ist keine Lösung, Einkaufsstraßen einfach abzuschreiben und durch andere Nutzungen zu ersetzen.“ Freizeiteinrichtungen sind eine interessante Ergänzung, bestimmte Bevölkerungsgruppen (z. B. Senioren, Berufstätige) werden im Alltag aber wenig Grund sehen, hierfür in die Innenstadt zu fahren. Wohnungen sind in den wachsenden Innenstädten zwar immer gefragt, schaffen aber keine Zentralität, kein urbanes Feeling und sind uninteressant für den Shopping-Tourismus. Die Initiative von Bundesminister Peter Altmaier geht eher in die richtige Richtung. Er sagte, man könne die Digitalisierung zwar nicht zurückdrehen, aber wir könnten dafür sorgen, dass sie zum Verbündeten des Einzelhändlers werde. Wotruba: „Der Ansatz dahinter ist richtig: Wir müssen endlich Wege finden, wie auch der stationäre Handel mit und neben dem Internet im Geschäft bleiben kann.“

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