Joachim Stumpf (BBE Holding und IPH Handelsimmobilien)
Joachim Stumpf gibt für den Einzelhandel die Prognose eines „moderaten Wachstums auf 700 Milliarden Euro Gesamtumsatz bis 2028“ ab. Die Kundenbedürfnisse werden immer anspruchsvoller: Sie verlangen eine nahtlose Verschmelzung von Einkaufserlebnis und Technologie. Und die Entwicklung der Einzelhandelsimmobilien geht, so eine seiner Kernaussagen, auf vielen Feldern auseinander. Wolle man die Entwicklungen in einem Wort zusammenfassen, dann dränge sich der Begriff „Polarisierung“ auf, analysiert Stumpf. Und die gibt es auf verschiedenen Feldern. Es zeigt sich zum Beispiel eine Polarisierung in den Preislagen: „Discount und Luxus wachsen, mittlere Preislagen schrumpfen.“ Oder hier: „Polarisierung zeigt sich auch an den Vermietungsmärkten immer deutlicher, messbar zum Beispiel in der steigenden Mietdifferenz zwischen, starken‘ und ,schwachen‘ Makrostandorten, Mikrolagen und Objekten.“
Ein weiterer Befund des Experten: Zunehmende Leerstände und sinkende Mieten gibt es in weniger attraktiven Lagen. „Food“ bleibt stationär stabil dank seines engmaschigen Filialnetzes. Die andere Seite: „Der Verkaufsflächenrückgang in den Nonfood-Branchen wird auf circa zehn Millionen Quadratmeter in den kommenden zehn Jahren geschätzt.“
Der Trend laut Stumpf geht verstärkt Richtung Mix. Wegfallende Handelsnutzungen wie zum Beispiel die der Kauf- und Warenhäuser werden zunehmend durch andere Nutzungen wie Wohnen, Gesundheitsangebote, Büro, Fitness und Freizeit, Eventlocations oder auch Gesundheitsangebote ersetzt. Bei den Shoppingcentern funktionierten diese Nutzungen bereits in Objekten „unterschiedlichster Baujahre gut“, so der Experte. Damit hier Umnutzungen in größerem Stil angegangen werden können, brauche es bessere Rahmenbedingungen – darunter „planungsrechtlich Erleichterungen wie verkürzte Umplanungs- und Genehmigungszeiten“ sowie „eine reduzierte Regelungsdichte“.
Ein weiterer Trend, der sich klar abzeichnet: „In allen Lagen gilt, dass es deutlich weniger Nachfrage nach Großflächen (> 3.000 Quadratmeter) gibt und Ober- und Untergeschosse an Bedeutung verlieren. In den Top-Lagen lassen sich regelmäßig noch das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss mit Handel bespielen.“ Stumpf schreibt auch: Eine „verhaltene Konsumstimmung aufgrund von Inflation, geopolitischen Spannungen, wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit plus veränderte Kundenerwartungen“ erschwerten die Situation.
Mitglieder des Rats der Immobilienweisen sind Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld (Walter Eucken Institut), Sven Carstensen (bulwiengesa AG), Joachim Stumpf (BBE Holding und IPH Handelsimmobilien), Jan Grabow (CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft), Dr. Ralph Henger (Institut der deutschen Wirtschaft) und Prof. Dr.-Ing. Christa Reicher (RWTH Aachen).