Umsatzentwicklung rückläufig
Es war eine Erfolgsgeschichte: Nach einem stetigen Aufschwung seit der Weltfinanzkrise 2008 und einem durch die Corona-Krise beschleunigten Wachstum erreichte der Möbelmarkt in 2022 ein Rekordhoch. Dabei ist das Umsatzwachstum von 7,1 % in diesem Jahr zu einem großen Teil auf den Anstieg der Verbraucherpreise zurückzuführen. Es schien also fast so, als gäbe es keine Krise, von der der Möbelhandel nicht profitieren könnte. So zeigte er sich auch von der Energiekrise im Jahr 2022 relativ unbeeindruckt.
Umsatzvolumen Möbel in Mrd. € zu Endverbraucherpreisen:
Im Jahr 2023 erlebte der Möbelmarkt aufgrund schwacher Konjunktur, weniger Bauvorhaben und gestiegener Sparneigung der Konsumenten einen Umsatzrückgang von 6,4%, zusätzlich beeinträchtigt durch einen Sättigungseffekt in der Branche. Diese Herausforderungen setzten sich 2024 fort, als Haushalte ihre Ausgaben vermehrt auf Lebensmittel, Energie und Reisen fokussierten und der Umsatz um weitere 6,6% fiel. Obwohl Segmen-te wie Klein-, Polster- und besonders Küchenmöbel seit 2019 gewachsen waren, führte die aktuelle Krise zu Umsatzeinbußen in allen Kategorien, besonders bei Küchenmöbeln mit einem Rückgang von 7,2%. Für 2025 wird eine Marktstabilisierung erwartet, getrieben durch verbesserte wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die das Umsatzniveau stabil halten könnten.
Der Blick in die Glaskugel: Konkrete Trends bestimmen die Zukunft
Die Zukunft des Möbelhandels wird durch Entwicklungen und Trends wie steigende Erlebniserwartungen, den "Clash of Generations", die Akzeptanz von KI und den gesellschaftlichen und politischen Anspruch nach Nachhaltigkeit geprägt. Zudem gewinnen datengetriebene Prozesse, Plattformvertrieb, Social Commerce und neue Erlösquellen wie Retail Media an Bedeutung. Konkret wird im Möbelhandel in den nächsten Jahren die datenbasierte Kundenbindung an Bedeutung gewinnen und damit rein transaktions- und rabattgetriebene Strategien ablösen. Flächengestaltung, mögliche Flächenreduzierungen und Showrooming-Ansätze sowie die gezielte Erhöhung der Aufenthaltsdauer und -qualität stellen weitere Erfolgsfaktoren dar.
Gesamtmarkt droht in den nächsten Jahren Stagnation
Die historische Entwicklung des Möbelmarktes deutet auf Sättigungseffekte in den nächsten Jahren hin, der Gesamtmarkt droht zu stagnieren und Verdrängungsmechanismen werden sich weiter verstärken. Möbelfilialisten und Möbelfachhandel bleiben zwar der größte Absatzkanal, dennoch werden sie gleichzeitig die größten Verlierer sein. Dagegen können der Küchenfachhandel sowie die Bau- und Heimwerkermärkte weitere Marktanteile hinzugewinnen. Das Küchensegment ist nicht mehr der Wachstumsmotor wie in den Jahren zuvor. Bei Bad- und Büromöbeln ist auf niedrigerem Niveau und mit weniger stabilem Wachstumspfad ein positiver Trend erkennbar, der sich bis 2028 zwar abschwächen, aber nicht negativ ausfallen wird.
Stationäre Händler gestalten Onlinemarktentwicklung
Haupttreiber in der Vergangenheit und nach aktuellen Prognosen auch in der Zukunft sind dabei die stationären Händler, die mit Omnichannel- Konzepten gezielt auf die steigende Online-Nachfrage reagieren und sich damit ebenfalls kanalübergreifend aufstellen. Zudem lag im Jahr 2024 der Online-Anteil im Möbelmarkt mit 14,6% leicht über dem des gesamten Einzelhandels – Tendenz steigend.
Die Einrichtungsbranche steht vor einer Zeitenwende, wobei die Großfläche davon am stärksten betroffen ist. Es sind nicht nur kleine Verände- rungen gefragt, sondern ein mutiges Umdenken.
Die neue Rolle für die Fläche
Die reine Warenpräsentation als Bündelung verschiedener Herstellerangebote – bisher die wichtigste Funktion eines jeden Händlers – ist nicht mehr ausreichend. Es müssen neue Schwerpunkte und Anreize für einen stationären Besuch geschaffen werden:
Bühne für besondere Events
Der Kunde und seine Bedürfnisse stehen wieder im Mittelpunkt. Die Ausstellungsfläche wird zur Bühne, die Wohnsituationen zum Star und der Gang dazwischen zum Laufsteg. Am Anfang einer neuen Flächengestaltung steht die Frage nach einem klaren Profil. Warum soll der Kunde ins Möbelhaus kommen? Wo liegt der Mehrwert gegenüber Online-Shops?
Welche besonderen Erlebnisse können geboten werden? Gibt es eine Showküche, in der die neuesten Technologien vorgeführt werden? Ein Probeschlafen im Möbelhaus? Materialvorführungen oder Wettbewerbe im Restaurieren mitgebrachter Möbel?
Die Möglichkeiten sind unendlich, Beispiele und Anregungen aus anderen Branchen gibt es zuhauf. So kann man eine Nacht im Gartencenter gewinnen, der Frankfurter Laufshop organisiert den beliebten Montagslauftreff für seine Kunden, im KADEWE gibt es über 400 Pop Ups mit Events im Jahr und bei Breuninger gibt es sogar eine eigene Eventübersicht auf der Homepage. Das italienische hochwertige Konsumgüterunternehmen Eataly treibt diese fruchtbare Verbindung von Handel und Event erfolgreich auf die Spitze und kommerzialisiert das Eventkonzept.
Drive-To-Store-Strategien
Das Thema „Offline versus Online“ ist überholt. Stationärer und Online-Handel sind miteinander verzahnt, oft aus einer Hand. Dennoch gibt es oft interne Spannungen und Vorbehalte. Zahlreiche Studien belegen, dass sich beide Welten hervorragend ergänzen.
Drive-To-Store-Strategien erhöhen die Kundenfrequenz und generieren zusätzlichen Online-Umsatz, entweder direkt durch den Verkauf nicht vorrätiger Ware oder indirekt als Kaufvorbereitung. Lokale Suchmaschi- nenoptimierung, Google Ads, Store Locator, Product Locator und Click & Collect gehören bereits zum Standardrepertoire.
Verbundgruppe 2.0
Die Komplexität und die Herausforderungen in Verbundgruppen werden aktuell immer größer. Zudem verlieren warenbezogene Erlösströme zu- nehmend an Bedeutung. Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation sind eine robuste, zukunftsfähige Strategie sowie die konsequente Positionierung der Verbundgruppe Kernvoraussetzungen für nachhaltiges Wachstum. Dabei gilt es Händler, Lieferanten und Endkonsumenten zukünftig noch stärker in den Mittelpunkt der Verbundgruppenarbeit zu stellen.
Auf Basis der Bedürfnisse dieser drei Kundengruppen gilt es dann ein entsprechendes relevantes Leistungsangebot zu entwickeln. In der strategischen Diskussion gilt es also darum das Verbundgruppen-Geschäftsmodell zukunftsfähig zu machen und dadurch den Erfolg der kommen- den Jahre nachhaltig abzusichern. Hierzu zählen u.a. Entscheidungen über die Kooperationsformen, die Wertschöpfungstiefe, mögliche M&A-, Diversifizierungs- oder Interna- tionalisierungsmaßnahmen. Auch gilt es eine entsprechende Digitalisierungs- und Datenkonzeption zu entwickeln.
Conversion Rate Optimierung
Der stationäre Möbelhandel steht aufgrund sinkender Frequenzen vor großen Herausforderungen. Doch es gibt viele Möglichkeiten, die Conversion gezielt zu steigern. Dazu gehören konzeptionelle, organisatorische, operative und technische Maßnahmen, um die Flächenproduktivität zu sichern oder zu steigern. Die Messung von Frequenz und Conversion sowie die Analyse von Verweildauer und Laufwegen sind dabei zentral. Projekte mit Technologiepartnern wie Ariadne Maps ermöglichen es, Kundenbewegungen und -verhalten in Echtzeit zu verfolgen. Diese Daten, kombiniert mit Vertriebs-, Organisations- und Kundendaten, schaffen eine transparente Basis für Optimierungen.
Auf Grundlage dieser Analysen können Ableitungen für das Sortimentsmanagement, die Kundenführung, die Personalplanung sowie für Instore-Prozesse getroffen werden. Ein Steuerungssystem mit klaren KPIs ermöglicht es, die Entwicklung nachzuvollziehen. Herausforderungen bestehen oft in der Datenqualität und der Fähigkeit, diese zu verknüpfen. Zudem wird die Implementierung von Steuerungssystemen häufig unterschätzt. Ohne sorgfältige Planung und Begleitung kann dies zu Akzeptanzproblemen oder Überforderung führen, da das System eine Umstellung der Arbeitsweise in fast allen Bereichen des Unternehmens erfordert.
Unternehmensnachfolge als Aufgabe für Unternehmer und Verbundgruppe
Familienunternehmen in ihrer Vielfalt bilden die ökonomische Basis für eine starke Region – vor allem der Handel. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, muss der Generationenüber- gang gelingen. Dieser komplexe Prozess erfordert eine gründliche Analyse der aktuellen Situation für eine erfolgreiche Zukunft. Eine interne Nachfolge sollte die Werte von Familie und Unternehmen harmonisch vereinen, während bei externen Nachfolgelösungen ein Kä fer mit Branchenkenntnis und Unternehmens- kulturverständnis erfolgsentscheidend ist.
Kernaspekte des Übergangs (intern wie extern) sind die Unternehmensbewertung, Standort-/ und Marktanalysen, Exit-Strategien, Käufersuche und Umsetzungscontrolling, unterstützt durch klare Kommunikation und professionelle Moderation. Im Möbelhandel geht die Bedeutung der Nachfolge weit über die einzelnen Unternehmen hinaus. Die Nachfolgeregelung in Mitgliedsunternehmen hat strategische Implikationen für viele Verbundgruppen, deren Zukunft und Marktposition eng mit einer gelungenen Übergabe verknüpft ist. Die Sicher- stellung einer langfristigen Stabilität dieser Organisationen macht die Nachfolgeplanung zu einem zentralen Thema.
Kundenbeziehung statt Rabatte
Das Ende der Third-Party-Cookies steht bevor. Damit scheinen die Tage des datenbasierten Marketings gezählt, zielgerichtete Nutzeransprache rückt in weite Ferne. Unternehmen müssen sich der Herausforderung stellen und Kunden nun wieder stärker in den Mittelpunkt ihrer Strategien stellen.
Nur die Transformation zum beziehungsorientierten Möbelhandelsunternehmen rettet langfristig den Erfolg. R-Commerce ist ein neues Denkmodell für das Digital Business im Möbelhandel und steht für echte Kundenbe- ziehungen. Neue Datenstrategien und technologische Möglichkeiten zahlen darauf ein.
Dabei gilt es fünf konkrete Leitprinzipien zu berücksichtigen:
Die größten Hindernisse für die Transformati- on im Möbelhandel liegen aktuell in der Regu-latorik, den über Jahre aufgebauten Datensilos sowie der fehlenden Datenintelligenz.
Transparenz schaffen, Entwicklungen messen und Organisationsspeck abbauen
In den letzten Jahren lag der Fokus vieler Unternehmen auf der Sicherstellung der Warenverfügbarkeit, während Digitalisierung, KI und Prozessoptimierung oft vernachlässigt wurden. Diese Themen müssen nun priorisiert werden, um die Strukturen auf die zukünftige Geschäftsentwicklung auszurichten.
Im Filialnetz gilt es, Problemstandorte zu iden-tifizieren und entsprechend zu optimieren oder zu schließen. Auch Expansionsprojekte müssen analytisch geplant werden. Interne Prozesse müssen auf ihre Effizienz hin überprüft wer-den, um Kosten zu senken, wobei KI Effizienzsteigerungen ermöglichen kann.
In unsicheren Märkten ist ein starkes Controlling unerlässlich. Transparente Kennzahlen unterstützen fundierte Entscheidungen und zeitnahes Handeln. Dazu sind eine klare Planung und branchenspezifische Tools notwendig. Die erfolgreiche Implementierung dieser Systeme setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen Händlern und zentralen Verbundgruppen voraus.
Herausforderung:
Die Verbundgruppe möchte sich strategisch neu aufstellen, das eigene Geschäftsmodell hinterfragen, zukunftssicher machen und weitere Expansionspotenziale in nationalen und internationalen Märkten prüfen.
Vorgehensweise:
Strategische Analyse zu Trends in Einzel-/Möbelhandel, Marktentwicklungen, Wettbewerb, Geschäftsmodell, Potenzial für Wachstum, Ableitung Vision und langfristige Ziele, strategische Alternativen, strategische Planung, Umsetzungsplanung.
Ergebnis:
Strategischer Plan 2030 mit klaren Alleinstellungsmerkmalen und Expansionsvorhaben, Entwicklungsmaßnahmen hinsichtlich Leistungsangebot, Vertikalisierung, Geschäftsmodell, Organisation, digitalen Kompetenzen, Prozessen.
Herausforderung: Ein Einrichtungshaus-Filialist will diversifizieren, um mit Küchenfachmärkten in den kommenden Jahren weiter zu wachsen und an der starken Entwicklung des Segments partizipieren.
Vorgehensweise:
Umfangreiche Konzept- entwicklung und -Verfeinerung für ein Kanal übergreifendes Küchenfachmarktkonzept, Sinus-Milieus basierte White-Spot-Analyse, Konsumentenforschung, Expansionsstrategie und Umsetzungsplan.
Ergebnis:
Zielgruppenorientiertes Küchenfachmarktkonzept (inkl. Sortimente, Services, Layout und Warenpräsentation, Digitalisie- rungselementen, Organisation, Prozesse, Schnittstellen, Systeme, Personalausstattung, Verantwortlichkeiten, Steuerung)
Herausforderung:
Eine Vielzahl der Handelspartner einer Verbundgruppe im Bereich „Küche“ kommen in ein Alter, in der die Unternehmensnachfolge an Bedeutung gewinnt. Die Gefahr eines weiteren Mitgliederschwunds wächst.
Vorgehensweise:
Entwicklung eines 8-stufigen Unterstützungsansatzes zur Begleitung betroffener Unternehmen und Unternehmer mit dem Ziel einer reibungslosen teils internen teils externen Unternehmensnachfolge/-ver- äußerung.
Ergebnis:
Innerhalb der ersten sechs Monaten in der Zusammenarbeit insgesamt rund ein Dutzend erfolgreich initiierte bzw. bereits abgeschlossene Unternehmensnachfolgen und damit eine aktive Mitgliedersicherung für die aktive Verbundgruppe.
1. Vision, Purpose, Nachhaltigkeit
Während vor einigen Jahren VUCA (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) in aller Munde war, spricht man heute meist von BANI (Brittle, Anxious, Non- linear und Incomprehensible). In einer derart unvorhersehbaren Welt ist eine klare Unternehmensvision unerlässlich, um Mitarbeitern und Kunden Halt zu geben. Gerade junge Menschen kaufen nicht mehr, was sie brauchen, sondern wie sie sein wollen.
2. Kunden bestimmen das „Einkaufserlebnis“
Das Sortiment im Möbelhandel ist stark von Konditionen beeinflusst. Dadurch wurden über viele Jahre die Kunden vernachlässigt. Die reine Fokussierung auf viel Ware auf großer Fläche funktioniert nicht mehr, da sich die Rolle der Fläche insgesamt verändert. Zusätzlich zu Umsatz pro Quadratmeter: Media-Einnahmen, Onlineincentivierung, Verweildauer, Aufenthaltsqualität und mehr Erlebnis je Quadratmeter.
3. Relationship Commerce statt Rabatt-Commerce
Die Kundschaft wurde über viele Jahre zu Schnäppchenjägern erzogen. Im Möbelhandel der Zukunft sollten die Kunden im Mittelpunkt stehen, die Gänge werden zum Laufsteg und die Produkte präsentieren sich auf den Bühnen begehrenswerter Wohnsituationen. Die Kundenbeziehung steht an erster Stelle: Kunden sind Fans, Werbebotschafter und Mikroinfluencer.
4. Kanal egal – Omni-Channel-Exzellenz wird zum Standard
Kunden bewegen sich wie selbstverständlich zwischen den Kanälen, jeder „Bruch“ in der Kundenreise reduziert die Conversion Rate. Ohne wirksame Drive-to-Store-Strategien werden die Frequenzen weiter erodieren. Es gilt, die oft in Silos gespeicherten Daten zu fusionieren und daraus die richtigen Omni-Channel-Triggerpunkte abzuleiten.
5. Kosten- und Preisdruck fordern Effizienz in den Prozessen
Der Möbelmarkt ist im vergangenen Jahr nochmals geschrumpft. Dieses Jahr wird er nochmal eine Milliarde kleiner. Über die Jahre hinweg hat zudem die eigene Organisation „Speck angesetzt“, Ineffizienzen wurden von hohen Umsatzzahlen überdeckt. Dafür gilt es interne Prozesse schlanker, digitaler und kundenorientierter zu machen.