Die Stimmung unter Händlern ist kritisch – jetzt kommt es auf Zukunftslösungen an

Weiter sinkende Umsätze und Kundenfrequenzen, erhöhtes Insolvenzrisiko, wachsende Liquiditätsengpässe – der Handel befürchtet massive Folgen durch den andauernden Lockdown. Wichtige positive Wirtschaftsimpulse vonseiten der Politik zeichnen sich bislang nicht ab. Das sollte den Handel aber nicht daran hindern, sich jetzt schon für die Zeit nach Corona zu rüsten. Denn für Potenzial sorgen beispielsweise das positive Konsumklima und die hohe Sparquote.

Die aktuell negative Stimmung überrascht nicht, denn nach mittlerweile mehr als vier Monaten im Dauer-Lockdown ist die Stimmung im Handel auf einem neuen Tiefpunkt angekommen. Die aktuelle Trendumfrage von BBE und IPH unter Handelsunternehmen, Immobilieneigentümern, Mitarbeitern von Kommunen und Verbänden sowie Dienstleistern zeigt auf, dass inzwischen 48 Prozent der Befragten den Verlauf des Jahres negativ und sogar sehr negativ einschätzen. Im August 2020 waren es nur gut 16 Prozent der Befragten, im Dezember 17 Prozent, die für 2021 weitere Verschlechterungen erwarteten. Mit einer Verbesserung ihrer Lage rechnen inzwischen nicht einmal  mehr 10 Prozent der UnternehmerInnen. Sowohl Kundenfrequenzen als auch Umsätze sind seit dem vergangenen Dezember weiter gesunken (90 Prozent im April gegenüber 70 Prozent im Dezember), was zuletzt 82 Prozent der Händler beklagten. Bei der vorherigen Umfrage im Dezember waren es 61 Prozent.

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Inzwischen berichten fast 60 Prozent der befragten Unternehmen über Liquiditätsengpässe, und auch das Insolvenzrisiko ist im Vergleich zur Dezember-Umfrage weiter gestiegen: Mehr als die Hälfte der Händler fürchtet den wirtschaftlichen Ruin.

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Umsatzentwicklung nach Branchen

Dabei zeigt sich seit Beginn der Corona-Krise kein einheitliches Bild – weder in Bezug auf die einzelnen Branchen noch auf die städtischen Handelsstandorte.
Beinahe alle Branchen haben 2020 Umsatzverluste hinnehmen müssen – nur der Fahrradhandel war mit einer Absatzsteigerung von etwa 50 Prozent der eindeutige Gewinner der Pandemiemaßnahmen. Für 2021 geht die Branche davon aus, immerhin noch 25 Prozent über dem Ergebnis von 2019 zu liegen. Auch der Buch- und Schreibwarenhandel rechnet in 2021 mit einer Rückkehr zu den Umsätzen von 2019. Doch andere Branchen trifft es weitaus härter: Mode- und Schuhindustrie hatten schon vor Corona mit strukturellen Problemen zu kämpfen. Nach Einbußen von mehr als 30 Prozent in 2020 wird von keiner positiven Entwicklung für das laufende Jahr ausgegangen. Im Gegenteil: Die Modebranche fürchtet Umsatzverluste von mehr als 40 Prozent, der Schuhhandel von rund weiteren 30 Prozent.

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„Trotz dieser teils dramatischen Entwicklungen kommen von den politisch Verantwortlichen keine richtungsweisenden Vorschläge, die den Handel unterstützen könnten, seine Situation zu verbessern“, sagt BBE-Geschäftsführer Joachim Stumpf. „Deshalb sollte der Handel die Dinge jetzt selbst in die Hand nehmen und sich für die Zeit nach Corona rüsten.“
 


Verkaufsfördernde Maßnahmen zur Bewältigung der Krise

Die Welt nach der Corona-Pandemie wird eine andere als davor sein. Das zeichnet sich schon seit Monaten ab und hat viele mittelständische Händler aktiv werden lassen mit Strategien und Maßnahmen, die sich in der Krise als besonders robust und flexibel erwiesen haben: Sie wagten und probierten so viel aus wie nie zuvor und schärften ihr Geschäftsmodell dabei weiter. Seit Dezember haben Lieferservice, Beratung per WhatsApp und Online-Terminvergabe noch einmal deutlich zugenommen. Die Befürchtung einer dauerhaften Abwanderung in den Online-Handel wird ebenfalls differenzierter betrachtet – das liegt nicht nur an den eigenen Online-Aktivitäten, sondern auch an der Erkenntnis, dass der E-Commerce ebenfalls Grenzen hat. Aus unserer Sicht ist das ein Zeichen dafür, dass eine klare Profilschärfung nicht nur einen Weg aus der Krise darstellt, sondern langfristig die eigene Positionierung festigt.

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Welche Kundenbindungsinstrumente setzen die Händler ein?

Beim Einsetzen der Kundenbindungsinstrumente durch die Händler gab es seit Dezember einen leichten Rückgang.

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Die größten Herausforderungen für den Einzelhandel 2021 nach Einschätzung der teilnehmenden Händler

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Herausforderungen für die Innenstädte

Die Schärfung des eigenen Profils ist für Händler umso wichtiger, da sich schon länger auch andere Entwicklungen abzeichnen. Unabhängig von Corona können wir eine Veränderung unserer Innenstädte beobachten, die unvermittelt weitergehen wird. Die Pandemie hat dabei nur als verstärkendes Element gewirkt. Das bestätigen auch unsere Umfragen: Im Vergleich zur Befragung im Winter sehen aktuell mit fast 94 Prozent noch mehr Befragte die drohenden Leerstände durch Schließungen von kleinen und mittleren Fachgeschäften – im Dezember waren es 85 Prozent - sowie die drohenden Insolvenzen von Gastronomiebetrieben (aktuell fast 84 Prozent im Vergleich zu 12/2020: 76,9 Prozent) als die wichtigsten Herausforderungen für die Innenstädte.

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Um Leerstände zu füllen und Innenstädte positiv zu verändern, können sich die befragten Händler eine Palette an Möglichkeiten vorstellen, die noch vielfältiger als bei der Dezember-Befragung ausfällt: Neben Gastronomie (75 Prozent) werden auch Freizeiteinrichtungen (65 Prozent), Wohnen (50 Prozent), Hotels (25 Prozent) und Sportmöglichkeiten (24 Prozent) genannt.

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