Die klar strukturierte und professionelle Herangehensweise der BBE hat uns wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Ausrichtung unserer Flächenschichtung und Sortimentsplanung geliefert.
Frequenzrückgänge, Insolvenzen und Leerstände bedrohen den stationären Handel
Die anhaltenden Krisen wirken sich maßgeblich auf die rückläufigen Besucherzahlen aus. In einer Umfrage des HDE gaben 67 % der befragten Händler an, bis 2023 einen Rückgang in der Frequenz verzeichnet zu haben. Allerdings ist bereits vor der Corona-Krise ein Rückgang der Besucherzahlen um etwa 15 % innerhalb von vier Jahren, von 2015 bis 2018, zu verzeichnen. Die im Jahr 2021 durchgeführten Lockdowns führten dazu, dass deutsche Innenstädte für einen beträchtlichen Zeitraum zu Geisterstädten wurden. Es ist davon auszugehen, dass die Besucherzahlen nicht wieder das Niveau vor der Krise erreichen. Für stationäre Händler ist es daher unerlässlich, diese Entwicklung in ihrer Vertriebsstrategie zu berücksichtigen. Innenstädte, Highstreets und Fußgängerzonen dienen nicht mehr in erster Linie dem Verkauf von Produkten. Die Besucher wollen Erlebnisse. Daher wird die Stadt zur Begegnungsstätte, zum Freizeitgestalter und zum Point of Experience (POX), um sich gegenüber dem Onlinehandel zu differenzieren. Hier findet bereits ein Großteil der Bedarfsdeckung statt.
Die Zukunft des Modehandels wird in entscheidendem Maße von konkreten Entwicklungen und Trends beeinflusst, die in zahlreichen Fällen bereits heute einen enormen Einfluss auf die Geschäftsmodelle der am Markt teilnehmenden Unternehmen ausüben.
Kunden erwarten zunehmend außergewöhnliche Einkaufserlebnisse, generative KI wird verstärkt akzeptiert, und die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten nimmt trotz hoher Preissensibilität immer weiter zu.
Wie diese Trends zu einer erfolgreichen Transformation des Geschäftsmodells beitragen können, um den Kundenerwartungen zu entsprechen, lässt sich bereits heute an richtungsweisenden Ansätzen im Einzelhandel ablesen. Der Einzelhandel fokussiert sich dabei zunehmend auf Social Commerce, die Generierung neuer Kommunikations- und Umsatzquellen, beispielsweise durch Retail Media oder digitalisierte, datengetriebene Prozesse zur Effizienzsteigerung.
Die fortschreitende Digitalisierung führt im Modehandel dazu, dass sich Unternehmen von der reinen Bedarfsdeckung lösen und ihren Fokus auf einzigartige Einkaufserlebnisse und eine ansprechende Inszenierung setzen, um sich vom Wettbewerb abzuheben. Eine innovative Gestaltung der Verkaufsfläche und attraktive Kundenevents sind dabei ebenso zentral wie eine individuelle, serviceorientierte Beratung. Sinkende Kundenfrequenzen veranlassen Händler dazu, ihre stationären Flächen strategisch als Plattformen zu verstehen und durch moderne Vermietungskonzepte gezielt Frequenzen zurückzugewinnen. Diese dienen dabei nicht nur der Frequenzsteigerung, sondern tragen auch zu einer Stabilisierung der Einnahmen und damit zur Resilienz des Geschäftsmodells bei.
Die neue Rolle für die Fläche
Rückläufige Kundenfrequenzen und sinkende Flächenproduktivität stellen den stationären Handel vor erhebliche Herausforderungen. Fixkosten wie Mieten, Personalaufwendungen und Marketinginvestitionen müssen zunächst erwirtschaftet werden. Eine bewährte Lösung zur Steigerung der Flächenproduktivität liegt in der gezielten Straffung des Sortiments. Dadurch werden nicht nur Effizienzgewinne erzielt, sondern es entsteht auch Fläche, die strategisch neu genutzt werden kann, um zusätzliche Kundenfrequenzen zu generieren. Sei es durch die Integration ergänzender Sortimente, die Schaffung eines einladenden Ambientes oder dem Einbau gastronomischer Konzepte – die Möglichkeiten zur Wertsteigerung sind vielfältig. So entsteht eine Win-Win-Situation: Steigerung der Flächenproduktivität auf der Verkaufsfläche und ein Erlebnis für den Kunden, das über den reinen Einkauf hinausgeht. Wie diese Flächen genutzt werden, hängt von der individuellen Unternehmensstrategie ab – doch klar ist, sie bieten enormes Potenzial zur Frequenzsteigerung und damit zur Sicherung des stationären Geschäftsmodells:
Erschließung neuer Erlösquellen durch Retail Media
Das globale Umsatzvolumen von Retail Me-dia Aktivitäten soll in diesem Jahr um 9,9 % auf 126 Mrd. US-Dollar wachsen. Laut WARC wird Retail Media in wenigen Jahren lineares Fernsehen als drittstärksten Werbekanal ab-lösen!
Die Potenziale sind neben hocheffizienten Kampagnen und exklusiven Angebote von Lieferanten auf der stationären Fläche die Verbindung der digitalen und physischen Ein-kaufswelt. Zudem werden auch textilfremden Partnern strategische Werbemöglichkeiten geboten, was Raum für regionale Partnerschaften mit local Heros schafft.
Retail Media steht damit für eine revolutionäre Entwicklung im Einzelhandelsmarketing, bietet zusätzliche Erlösquellen durch on- und offline Werbeflächen und erhöht die Erkenntnisse über Kunden durch datengestützte Analysen.
Drive-To-Store-Strategien
Das Spannungsfeld, zwischen dem Online- und dem Offlinehandel, hat sich aufgelöst – beide Welten sind längst miteinander verzahnt und aus Kundensicht ergänzen sie sich ideal. Für Händler besteht jedoch weiterhin die Herausforderung, die Rolle des E-Commerce neu zu definieren, da mit steigenden Kosten eine sinkende Rentabilität einhergeht.
Es ist erforderlich, die Onlinekanäle gezielt zur Stärkung des stationären Handels zu nutzen, statt sie als Konkurrenz zu betrachten. Die Etablierung effizienter "Drive-to-store"-Strategien stellt für erfolgreiche Händler eine Möglichkeit dar, die Herausforderung zu meistern. Hierbei werden die Vorteile beider Welten vereint, um ein nahtloses Einkaufserlebnis zu schaffen.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der "Click & Collect"-Service, welcher den Kunden die Möglichkeit bietet, online zu bestellen und die Ware im Geschäft abzuholen. Dadurch werden die Vorzüge des Online-Shoppings mit den Vorteilen eines persönlichen Besuchs im Laden vereint.
Die Verzahnung der On- und Offline-Einkaufswelten kann durch verschiedene Maßnahmen des Marketings erreicht werden. Dazu gehören unter anderem lokale Suchmaschinenoptimierung (SEO), Google Ads (SEA), Social-Media-Werbung sowie die Einbindung von Suchfunktionen für Geschäfte und Produkte. Erfolgreiche Modehändler fokussieren sich bei der Präsentation der Vorteile eines Storebesuchs insbesondere auf aktuelle, auch limitierte Produkt- und Serviceangebote.
Emotional Selling ist der Game Changer im stationären Handel
Im modernen Einzelhandel wird die Erlebnisqualität zunehmend zur zentralen Messgröße, insbesondere in einer Zeit, in der der stationäre Handel gegen die Effizienz des Onlinehandels bestehen muss. Der stationäre Handel hat die Aufgabe, Emotionen zu wecken und eine Verbindung zum Kunden herzustellen, die weit über das bloße Anbieten von Produkten hinausgeht. Hier spielt das Konzept des Emotional Selling eine entscheidende Rolle.
Statt nur auf Produktmerkmale zu fokussieren, geht es darum, das Einkaufserlebnis zu einem emotionalen Ereignis zu machen. Dadurch wird der stationäre Handel zu einem Ort der Bedarfsweckung, während der Onlinehandel oft nur die Bedarfsdeckung übernimmt.
Die Frage, wie sich Erlebnis pro Quadratmeter messen lässt, ist essenziell für den Erfolg im Handel. Verschiedene Kennzahlen bieten hier Aufschluss über die Effizienz der Verkaufsfläche. Zu den messbaren Indikatoren gehören die Verweildauer der Kunden im Laden, die Warenkorbgröße, die Conversion-Rate, die Kundenzufriedenheit, sowie das Social Media Engagement. Auch die Weiterempfehlungsrate und der Share of Wallet – also der Anteil des Budgets, den ein Kunde bei einem Händler ausgibt – sind wertvolle Indikatoren, um den Erfolg von Emotional Selling und Erlebnisgestaltung zu erfassen.
Händler, die diese Metriken gezielt überwachen und optimieren, können die Erlebnisqualität systematisch steigern und damit den wirtschaftlichen Erfolg pro Quadratmeter maximieren.
Verkaufssteuerung 2.0: Produktivitäts-steigerung durch Conversion-Optimierung
Der anhaltende Frequenzrückgang stellt den stationären Modehandel derzeit vor teilweise existenzielle Herausforderungen. Dabei existieren zahlreiche Möglichkeiten, die Conversion gezielt und systematisch zu steigern, indem Modehändler konzeptionelle, organisatorische, operative und technische Maßnahmen ergreifen. Diese Chancen sollten gerade in aktuellen Zeiten genutzt werden, um den Risiken eines Frequenzrückgangs zu entgehen und die Flächenproduktivität zu sichern oder sogar wieder systematisch zu erhöhen.
Die Messung von Frequenzen und Conversion Rates sowie die Analyse von Verweildauern und Laufwegen, sind die erste Voraussetzung, um ein gezieltes Vertriebscontrolling zu implementieren. Dadurch lassen sich Kundenbewegungen und -verhalten analysieren und in Echtzeit verfolgen.
Durch die gekonnte Verknüpfung dieser Bewegungsdaten (Anzahl Besucher, Aufent-haltsdauer, Cross Visitation etc.) mit Vertriebs- (Umsatz, Teile pro Bon, Durchschnittsbon etc.), Organisations- (Personaleinsatzplanung, Flächenpläne etc.) und Kundendaten (Demografie, Mediennutzung etc.) lassen sich vielerlei nützliche Ableitungen für das Warenmanagement (zielgruppenorientierte Sortimentsschichtung, Warenpräsentation, Warendruck etc.), die Servicestrategie (intuitive und klassische Kunden-führung, setzen gezielter Kaufreize etc.), die Personaleinsatzplanung und -qualifizierung (frequenzorientiert, Schulungskonzepte etc.) sowie die Instore-Prozesse (Beratung/Verkauf, (Visual) Merchandising, Waren-Handling etc.) vornehmen.
Mit dem Aufbau eines konsequeten Steuerungssystems und der damit verbunden Definition konkreter KPIs lässt sich die nachfolgend angestrebte, positive Entwicklung dann auch wirklich kontrollieren und gezielt managen.
Die Steuerung des Umsatzes über klassische Vertriebskennzahlen wie den Durchschnittsbon oder den Teile-pro-Kunde Faktor kombiniert mit abteilungsspezifischen Frequenzdaten und Conversion Rates birgt nicht nur großes Potenzial, sondern verlangt auch ein effektives Change Management im Umgang mit den Beratern auf der Fläche. Die Kopplung dieser Kennzahlen an das Prämiensystem vereinfacht den täglichen Umgang mit den KPIs und unterstützt dabei, die Akzeptanz zu erhöhen und Widerstände oder organisationale Überforderung in der Umsetzung abzubauen.
Merchandise Planning – die Kunst der richtigen Balance
Die Kernaufgabe des Mode-Einkaufs liegt in der Zusammenstellung von Sortimenten, die auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind. Einkäufer müssen dabei im Spannungsfeld zwischen modischer Offenbarung und kaufmännischer Effizienz agieren. Während es wichtig ist, den Kunden die neuesten Trends zu präsentieren, sind es oft die Basics, die wirtschaftlich Spaß machen. Die Herausforderung besteht also darin, Kreativität und Effizienz zu balancieren.
Zusätzlich müssen Einkäufer aufgrund von Saisonalitäten in ihrem Sortiment gleichzeitig mit mehreren Zyklen arbeiten, um Vororder und Inseason-Management effektiv zu steuern. Der Einkaufsprozess geht nahtlos in die Vermarktung über, die durch verkaufsfördernde Kommunikation und Präsentation auf der Fläche zum erfolgreichen Merchandise Management beiträgt. Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern, hilft es, Komplexität zu reduzieren und sich zu fokussieren. Eine klare Trennung zwischen Kreativeinkauf und der Planung klassischer Sortimente erleichtert dabei den Überblick. Die Rolle des Einkäufers hat sich von einem kreativen Trendsetter zu einem trendorientierten Controller gewandelt, der eine konsistente Strategie von der Limit- bis zur Marketingplanung entwickeln und umsetzen muss.
2. Erlebnisorientierte Verkaufsflächen gestalten
Angesichts sinkender Kundenfrequenzen müssen Modehändler ihre Verkaufsflächen als Erlebnisorte positionieren. Emotional Selling und Point-of-Experience-Konzepte sollten im Mittelpunkt stehen, um den stationären Handel gegenüber dem Onlinehandel zu differenzieren und statt reiner Bedarfsdeckung Bedarfsweckung als strategisches Ziel zu implementieren.
3. Neue Erlösquellen durch Retail Media erschließen
Durch die strategische Nutzung von Retail Media können stationäre Händler zusätzliche Erlösquellen generieren. Dies stärkt sowohl das Geschäftsmodell als auch die Beziehung zu den wichtigen Lieferanten. Aus Kundensicht bietet dieser Ansatz nicht nur Inspiration, sondern steigert auch die Attraktivität der Fläche und somit das Einkaufserlebnis.
4. Vertriebsoptimierung durch gezielte Conversion-Steigerung
Die Kombination von Vertriebsdaten und Bewegungsdaten durch den Einsatz KI-gestützter Technologie bietet die Möglichkeit eines datenbasierten Vertriebscontrollings. Dabei können Unternehmen die Flächenproduktivität erhöhen, Umsatzpotenziale besser ausschöpfen und die Effizienz der Modeberater konsequent steigern.
5. Kreatives Merchandise Management fördern
Die Trennung zwischen kreativer Sortimentsgestaltung und klassischem Sortimentseinkauf ist essenziell, um auf Trends zu reagieren und gleichzeitig betriebswirtschaftlich effizient zu handeln. Nur eine klare Strategie für die Verbindung von Limitplanung, Marketing und Warenpräsentation sichert den nachhaltigen Erfolg.
Strategieentwicklung
Herausforderung: Die Verbundgruppe möchte sich strategisch neu aufstellen, das eigene Geschäftsmodell hinterfragen, zukunftssicher machen und weitere Expansionspotenziale in nationalen und internationalen Märkten prüfen.
Vorgehensweise: Strategische Analyse zu Trends in Einzel-/Modehandel, Marktentwicklungen, Wettbewerb, Geschäftsmodell, Potenzial für Wachstum, Ableitung Vision und langfristige Ziele, strategische Alternativen, strategische Planung, Umsetzungsplanung.
Ergebnis: Strategischer Plan 2030 mit klaren Alleinstellungsmerkmalen und Expansionsvorhaben, Entwicklungsmaßnahmen hinsichtlich Leistungsangebot, Vertikalisierung, Geschäftsmodell, Organisation, digitalen Kompetenzen, Prozessen.
Strategische Neupositionierung
Herausforderung: Frequenzverluste eines mittelständischen Händlers führen zu sinkenden Flächenproduktivitäten und Ertragsdruck. Durch eine Neukonzeption sollte die Positionierung zurück zu einem Handels-Magneten gelingen.
Vorgehensweise: Durch verschiedene Analyseschritte in Bezug auf Fläche und Sortiment, Kunde, lokalem Wettbewerb und internationalen Benchmarks wurde die Basis für die Entwicklung differenzierter Handlungsoptionen zur Diskussion im Führungskreis gelegt.
Ergebnis: Drei trennscharfe Zukunftsoptionen, die anhand von Business Cases sowie qualitativen Merkmalen kriterienbasiert bewertet und zur Umsetzung vorbereitet wurden. Meilensteilpläne, Verantwortlichkeiten und Zeitpläne wurden steuerbar aufgesetzt.
Ertragsoptimierung am POS
Herausforderung: Sinkende Frequenz in einem filialisierten Modehaus führt zu rückläufiger Flächenproduktivität in der Premiumabteilung. Für die Vertriebsoptimierung werden die relevanten KPIs wie bspw. die Conversion Rate als zu steuernde Kennziffern definiert.
Vorgehensweise: Mit neuester Retail Technologie werden Frequenzdaten gemessen, analysiert und durch intelligente Dashboards visualisiert. Diese bieten höchste Transparenz für Mitarbeiter und Führungskräfte zur Zielverfolgung und Performance-Steigerung.
Ergebnis: Erfolgreiches Heben der Ertragspotenziale, datengestützte Planung und Auswertung der relevanten KPIs. Motivationssteigerung bei den Mitarbeitern durch hohe Transparenz. Verbesserte Frequenzabschöpfung und Steigerung der Flächenproduktivität.