Handelsimmobilien

Quartiersentwicklung: Neue Chancen für Handel und Immobilienwirtschaft

Nov 2023
Von Corona über die Ukraine bis hin zu Israel bedrohen viele Krisen die Stabilität unserer Gesellschaft und insbesondere auch unserer bekannten Wirtschaftsmodelle (Lieferketten, Zinserhöhungen und Inflation). Die Zinsentwicklung hat weite Teile der Immobilienwirtschaft in eine unerwartete Krise gestürzt.

Gleichzeitig wissen wir, dass der Klimawandel weitere Herausforderungen für uns bereithält und die Reaktionen darauf neue notwendige Anstrengungen mit sich bringen werden. Die Politik auf EU- und Bundesebene wird über die Regulierung der Finanzmärkte die Anpassung aller Branchen forcieren. Die Motivation und der Druck etwas zu verändern, sind daher größer denn je. Gleichzeitig wünschen sich die Bürger Stabilität und Hilfe bei der Bewältigung ihrer täglichen Herausforderungen.

Vor diesem Hintergrund diskutierten Experten aus Handel und Wohnungswirtschaft auf Einladung von VEOMO, Lenz & Johlen Rechtsanwälte, IPH Handelsimmobilien und BBE Handelsberatung in über das Thema „Nahversorgung und Mobilität“. Laut Markus Wotruba, Leiter Standort- und Immobilienberatung bei der BBE Handelsberatung, hat die Corona-Krise  die in einer BBE-Studie aus 2019 beschriebenen Trends sogar noch verstärkt hat. Bereits während der Pandemie (2020) hatte die BBE durch Kundenbefragungen überprüft, ob die Studienergebnisse weiterhin Bestand haben. Das Ergebnis: die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind stabil geblieben oder haben an Zustimmung gewonnen. So zeigte die Studie 2019 etwa, dass der stationäre Handel nach wie vor der mit großem Abstand wichtigste Kanal für die Nahversorgung ist. Laut Befragung von 2020 hat auf der anderen Seite der Online-Handel während Corona nicht punkten können, da er die hohen Erwartungen der Kunden nicht erfüllen konnte. 

Auch von den aktuellen Marktbedingungen gehen keine Wachstumsimpulse für den Online-Handel mit Lebensmitteln aus - im Gegenteil. Vor Corona hatte der fußläufige Einkauf für die Nahversorgung der Bevölkerung (in den Städten) stetig an Bedeutung gewonnen. Corona hat diesen Trend eindrucksvoll beschleunigt. Im Vergleich zur Zeit vor Corona gaben 5,9 Prozent mehr Befragte an, in Zukunft ihre Nahversorgung zu Fuß erledigen zu wollen. Rund 3 Prozent mehr wollten mit dem Fahrrad fahren. Nur 0,6 Prozent mehr wollten mit motorisierten Verkehrsmitteln einkaufen. Größter Verlierer war zu dem Zeitpunkt der ÖPNV (- 3,6 Prozent). 
 
Außerdem wünschen sich die Kunden möglichst barrierefreie und großzügige Einkaufsmöglichkeiten um dem sozialen Stress zu entgehen: Breite Gänge, viele Kassen und großzügige Eingangsbereiche sind gefragt. Darin liegt eine der größten Herausforderungen, denn Nähe und Größe sind nicht immer leicht zu vereinen. Einzig der Preis, der bei der Wahl der Einkaufsstätte für die Großstadtbewohner lange Zeit keine entscheidende Rolle mehr spielte, rückt durch die Inflation wieder stärker in den Vordergrund und damit eine Veränderung, die auch die anderen Trends beeinflussen kann. Dies kann dazu führen, dass die oben beschriebene sukzessive Ausbreitung der möglichen Standorte für gemischt genutzte Immobilien von der Innenstadt in das verdichtete Umland verlangsamt oder sogar gestoppt wird. 

Zusammenfassend bedeutet dies für die Immobilienwirtschaft, dass sie – wie praktisch alle Wirtschaftszweige - gezwungen ist, sich an unterschiedlichen Standorten auf unterschiedliche und widersprüchliche Anforderungen einzustellen. Eine saubere Standort- und Marktanalyse ohne Vorfestlegung auf ein gewünschtes Ergebnis wird daher immer wichtiger. Trotz aller Analysen, muss das entstehende Produkt am Schluss möglichst flexibel sein, denn die Veränderungen werden immer schneller und sind (siehe Corona, Ukraine, Israel) nur grob vorhersehbar. Insbesondere der Zeitpunkt eines marktverändernden Ereignisses kann kaum sicher vorhergesagt werden. Neben dem Know-how spielt hier ein gutes Beziehungs- bzw. Stakeholdermanagement eine entscheidende Rolle. Denn nur, wenn es gelingt alle Beteiligten an Bord zu holen, können die Konzepte wirtschaftlich umgesetzt werden. 
   
Die Immobilienbranche steht vor bedeutenden Herausforderungen, aber auch vor einmaligen Chancen. Durch das Heben von Potenzialen in der Quartiersentwicklung und das Annehmen innovativer Lösungsansätze können nicht nur Kosten reduziert, sondern auch nachhaltige und bewohnerfreundliche Lebensräume geschaffen werden. 

modern urban development.png
Ansprechpartner
Markus Wottruba.png

Markus Wotruba

Leiter Standort- und Immobilienberatung
Brienner Str. 45,
80333 München