Umfrage

Händler-Umfragen: Kritische Stimmung infolge der Lockdowns, aber auch positive Impulse

Apr 2021
Sinkende Umsätze und Kundenfrequenzen lassen die Stimmung der Händler auf einen neuen Tiefpunkt absacken. Inzwischen befürchtet der Handel wachsende Liquiditätsengpässe und ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Der Politik fehlt es nach wie vor an Konzepten und Perspektiven. UnternehmerInnen müssen selbst die Weichen für die nahe Zukunft nach Corona stellen. Denn fortschreitende Impfzahlen werden sich positiv auf das Konsumklima auswirken. Wer jetzt sein eigenes Profil schärft, kann durchstarten, sobald es wieder losgeht.

Seit Monaten hält der Dauer-Lockdown an und hat seine Spuren hinterlassen: Die Stimmung im Handel ist so schlecht wie nie zuvor. Das zeigt die aktuelle Trendumfrage von BBE und IPH bei Handelsunternehmen, Immobilieneigentümern, Mitarbeitern von Kommunen und Verbänden sowie Dienstleistern: 48 Prozent der Befragten sehen den Verlauf des Jahres negativ und sogar sehr negativ – ein Plus gegenüber dem August 2020 von 32 Prozent. Selbst im Dezember 2020 befürchteten nur 17 Prozent Verschlechterungen für 2021.

Nicht einmal mehr 10 Prozent der befragten Einzelhändler gehen von einer verbesserten Lage aus. Der Grund dafür sind Kundenfrequenzen, die von Dezember bis April weiter gesunken sind (90 Prozent im April gegenüber 70 Prozent im Dezember). Parallel dazu sind auch die Umsätze weiter geschrumpft: Zuletzt beklagten die Händler ein Minus von 82 Prozent gegenüber der Umfrage im Dezember, bei der die Einbußen bei 61 Prozent lagen.   

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Wie hat sich die Corona-Pandemie im Vergleich zu 2019 auf folgende Aspekte Ihres Einzelhandelsbetriebs ausgewirkt?

Fast 60 Prozent der Händler fürchten Liquiditätsengpässe; fast die Hälfte aller Befragten v.a. mittelständischen UnternehmerInnen schließt den wirtschaftlichen Ruin nicht mehr aus. Für rund 20 Prozent der Befragten ist das persönliche Insolvenzrisiko seit Dezember weiter gestiegen.

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Dabei trifft es nicht alle Branchen und Standorte gleichermaßen: So konnte beispielsweise der Fahrradhandel seinen Absatz um gut 50 Prozent steigern und gehört damit zu den wenigen Gewinnern in der Krise. Auch in diesem Jahr ist der Bedarf der Käufer an Zweirädern noch nicht gedeckt, sodass die Branche für 2021 mit Ergebnissen von 25 Prozent über denen von 2019 ausgeht. Der Buch- und Schreibwarenhandel hofft, in diesem Jahr wieder zu den Umsätzen aus Vor-Corona-Zeiten zurückkehren zu können.

Härter haben andere Branchen zu kämpfen: Sowohl die Mode- als auch die Schuhindustrie stecken mitten in einer strukturellen Krise, die durch die Pandemie noch beschleunigt wurde. Schon 2020 ging der Umsatz um mehr als 30 Prozent zurück; in diesem Jahr rechnet man sogar mit Umsatzverlusten von 40 Prozent. Die Schuhbranche prognostiziert ein Minus von weiteren 30 Prozent.

Obwohl diese Zahlen mehr als alarmierend sind, sieht die Politik kaum Handlungsbedarf. Deshalb ist es an der Zeit, selbst tätig zu werden und sich auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten. Wer jetzt sein Geschäft und sein Geschäftsmodell weiter schärft, kann davon profitieren, sobald es wieder losgeht. Das Konsumklima hat sich schon im März leicht verbessert – infolge sinkender Infektionszahlen und leichter Lockerungen. Der GfK-Konsumklima-Index hat über den gesamten Zeitraum der Pandemie demonstriert, dass sich die Kauflaune der Verbraucher immer dann aufhellte, wenn die Gefahr durch Corona gebannt schien. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, dass sich die Kaufbereitschaft der Menschen mit steigender Impfquote weiter verbessert.

Zumal ausreichend Geld zum Konsumieren vorhanden ist. Mit 1,73 Billionen Euro haben die Deutschen so viel wie noch nie auf der hohen Kante. Allein im Laufe des Corona-Jahres ist das Sparvermögen laut Bundesbank um 182 Milliarden Euro angewachsen. Am Kieler Institut für Weltwirtschaft geht man daher von einem „Konsumstau“ aus, der sich lösen wird, sobald COVID-19 beherrschbar ist. Dann stünde ein dreistelliger Milliardenbetrag zum Konsumieren bereit.  

Davon wird insbesondere der mittelständische Handel profitieren können, der sich in der Krise in vielen Bereichen als robuster und flexibler erwiesen hat. Allerdings wird die Einkaufswelt nach Corona eine andere als zuvor sein. Viele UnternehmerInnen haben darauf schon reagiert und viel Neues gewagt und ausprobiert. Lieferservice, Beratung per WhatsApp sowie Online-Terminvergabe gehören seit 2020 für den Einzelhandel zum festen Angebot dazu. Seit Dezember hat die Zahl der Angebote noch einmal deutlich zugenommen. Diese Instrumente können auch nach der Pandemie viele Vorteile bieten. Auch die Sorge, die eigenen Kunden unwiederbringbar an den Onlinehandel zu verlieren, wird mittlerweile  differenzierter bewertet. Entweder aufgrund der  eigenen erfolgreichen Onlineaktivitäten oder aus der Erkenntnis, dass auch Onlinehandel Grenzen hat bzw. die eigenen Stärken überwiegen. Wir werten das als positives Zeichen: Wer ein klares Profil besitzt, kommt nicht nur besser durch die Krise, sondern festigt auch langfristig seine Positionierung.

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