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Bau- und Gartenmärkte: Folgewirkungen der Corona-Pandemie

Apr 2021
Zu Beginn des Pandemiejahres 2020 zeigte sich die Baumarktbranche in einer ausgeprägten Erfolgslage, der Branchenverband BHB konstatierte ein „Zehn-Jahres-Hoch“. Ungeachtet dieses hohen Niveaus in der Ausgangslage erreichten die Bau- und Gartenmärkte einen regelrechten Umsatzschub auf über 22 Milliarden Euro. Ohne Übertreibung kann von einem historischen Baumarkt-Boom in Deutschland gesprochen werden

Die Bau- und Gartenmärkte in Deutschland verzeichnen bereits seit 2015 ein stetiges Umsatzwachstum. Die jährlichen Steigerungsraten differierten leicht, haben aber in den letzten Jahren zugenommen. Dabei konnten auch negative Einflussfaktoren, wie z. B. extreme Wetterlagen für die Umsätze in den Gartensortimenten, ausgeglichen werden. Im Jahr 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie stieg der Gesamtumsatz auf 19,46 Milliarden Euro, dies waren 710 Millionen Euro mehr als im Vorjahr 2018 (18,75 Milliarden Euro). Nicht nur der Anstieg gegenüber dem Vorjahr war weit überdurchschnittlich, auch markierte der Gesamtumsatz einen neuen Höchstwert in der Branchenentwicklung.
Diese Umsatzentwicklung vollzog sich überproportional zum DIY-Kernmarkt. Der Marktanteil der Bau- und Gartenmärkte stieg von knapp 41 Prozent in 2015 auf 41,6 Prozent, mit entsprechend hohem Zugewinn in 2019.

Die positive Entwicklung zog sich laut BHB durch den gesamten Jahresverlauf, ungeachtet des Lockdowns im März/April 2020. Bereits im ersten Quartal konnte ein Umsatzanstieg von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal erzielt werden. Die Lockerungen nach dem Lockdown kamen gerade rechtzeitig zum traditionell umsatzstärksten zweiten Quartal. Die Baumarktbranche erzielte ein sensationelles Umsatzplus von 22,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Trotz der heißen Sommermonate, die ansonsten eher für wenig Frequenz in den Bau- und Gartenmärkten sorgen, zeigt sich in 2020 ein anderes Bild. Auch das 3. Quartal knüpfte mit einem Umsatzanstieg von 14,1 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 an diese Erfolgsgeschichte an.

Das letzte Quartal brachte eine schrittweise „Normalisierung der Umsatzentwicklung“ mit einem Umsatzplus vergleichbar dem ersten Quartal. Auch wenn abschließende Daten zum Gesamtumsatz noch ausstehen, so ist von einem Niveau oberhalb der 22 Milliarden Euro auszugehen. Nach aktuellen Prognosen der BBE Handelsberatung entspräche dies bezogen auf das Gesamtjahr einem Umsatzanstieg von +13 Prozent.

Diese Umsatzentwicklung im betrachteten Zeitraum wurde mit vergleichbaren Kapazitäten hinsichtlich der Anzahl der Bau- und Gartenmärkte als auch der Gesamtverkaufsflächen erreicht. Eingebunden in diese Standortentwicklungen sind auch Neueröffnungen, z.B. zum Schließen von Lücken in Vertriebsnetz einzelner Betreiber oder Ersatzneubauten, gleichzeitig wurden aber auch verstärkt unrentable und veraltete Standorte geschlossen.

Welche Folgewirkungen hat nun der aktuell zweite Lockdown speziell für Bau- und Gartenmärkte? Hierfür sind sowohl das aktuelle Umsatzniveau als auch die saisonale Umsatzverteilung im Jahresverlauf einzubinden. Mit dem Beginn des Lockdowns wurde der stationäre Umsatz mit Privatkunden stark beschnitten, als Umsatzanteile verblieben den Bau- und Gartenmärkten lediglich der Verkauf an Gewerbekunden und in fast allen Bundesländern (mit Ausnahme Freistaat Sachsen) auch der Verkauf an Privatkunden im Rahmen eines Bestell- und Abholservices (bzw. Lieferservices). Diese verbleibenden Verkaufsmöglichkeiten können nur einen geringen Umsatzanteil erbringen. Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes lagen die Umsätze des Einzelhandels mit Einrichtungsgegenständen, Haushaltsgeräten und Baubedarf 43,2 Prozent unter dem Wert vom Januar 2020, einzelbetrieblich ist sicherlich von deutlich höheren Umsatzrückgängen auszugehen.

Nach Einschätzung der BBE ist in Abhängigkeit der Kundenstruktur während des Lockdows mit Umsatzrückgängen zwischen -45 Prozent (opt. Prognose) bis -66 Prozent (pess. Prognose) zu rechnen. Die Wirkungen des Lockdowns betrafen im Kalenderjahr 2021 vollumfänglich die Monate Januar und Februar. Seit Anfang März (08.03.2021) bestehen unterschiedliche Regelungen, in einigen Bundesländern dürfen Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen, in anderen bleiben sie geschlossen.

Die Folgewirkungen der Corona-Pandemie, insbesondere des zweiten Lockdowns in 2021, sind aber zwingend nur in einer Gesamtbetrachtung aller Einflussfaktoren sowie im zeitlichen Verlauf von mindestens einem Geschäftsjahr zu beurteilen. Der begrenzte Bezug auf einzelne Monate führt zu einem verzerrten Bild.

Im Jahr 2020 gehörten die Bau- und Gartenmärkte zu den „Gewinnern der Krise“, nur wenige der Märkte waren vom Lockdown betroffen und selbst dann nur sporadisch oder für kurze Zeit. Selbst im ersten Quartal lagen die Umsätze über Vorjahresniveau, danach begann ein coronabedingter Sondereffekt, welcher letztlich zu einem Umsatzplus von mindestens 13 Prozent im Gesamtjahr führte. Dies unterscheidet die Baumarktbranche deutlich von anderen Einzelhandelsbranchen, letztlich auch in der Tragfähigkeit aktueller Umsatzeinbußen.

Die aktuellen Umsatzeinbußen in den Monaten Januar und Februar 2021 von bis zu zwei Dritteln der üblicherweise erzielbaren Umsätze wird noch deutlich vom Umsatzplus des Vorjahres überlagert. Letztlich verbleibt saldiert sogar ein rechnerisches Plus für den gesamten Pandemiezeitraum, welches noch weit über den Umsatzentwicklungen vorangegangener Jahre liegt.

Unberücksichtigt bleibt dabei zunächst, dass auch in diesem Jahr nach vollständiger Wiedereröffnung der Bau- und Gartenmärkte ein Nachholeffekt eintreten kann, damit eine Kompensation vorangegangener Umsatzeinbußen vergleichbar der Entwicklung im letzten Jahr.

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Umsatz im DIY-Gesamt- und im Kernmarkt 2019
Ansprechpartner
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Dr. Ulrich Kollatz

Regionalleiter Ost
Uferstraße 21,
04105 Leipzig